Donnersberger Rundschau vom 17.12.2024
25 Christkinder für Senioren
Weihnachten mal anders: Anstatt selbst Geschenke zu bekommen, schlüpfen 25 Schüler der Realschule plus Rockenhausen in die Rolle der Wunscherfüller. Welche Rolle ein Minirock bei ihrem Besuch im Seniorenheim spielt.
Rockenhausen. Mit dem Advent zieht traditionell ein Weihnachtsbaum ins Schulhaus der Realschule plus ein. Aber anstelle ihn mit Christbaumkugeln, Strohsternen und Lichterketten zu dekorieren, kam dieses Jahr noch eine kleine Besonderheit hinzu: 25 Papierrollen, jede davon mit einem Wunsch versehen, zierten das Immergrün. „Die Wünsche stammen von den Senioren der Wohnanlage des Diakoniewerks Zoar in der Wiesenstraße“, erzählt Schulleiter Harald Scheve, der die Aktion zum ersten Mal an seiner Schule initiiert hat. Doch die kleinen Papierrollen dienen nicht nur einer schönen Optik. Vielmehr konnten sich die 13- bis 16-Jährigen in den vergangenen Tagen einen Wunschzettel aus dem Baum pflücken. Gemeinsam wollen sie die kleinen Herzensangelegenheiten nun bei einem Besuch in der Seniorenresidenz erfüllen. Lediglich eine Einschränkung habe es zuvor gegeben, versichert der Schulleiter. Nichts Materielles sollten die Wünsche enthalten, um die Mittel der Schüler nicht zu übersteigen. Stattdessen sind fast schon alltägliche Dinge, wie ein gemeinsamer Spaziergang, Vorlesen oder die Bitte zusammen zu spielen, auf den Wunschzetteln gelandet. Zum Mitmachen animieren musste Scheve seine Schützlinge nicht. „Letztendlich haben sich viel mehr Schüler gemeldet als es Wünsche gab“, berichtet er. Und das, obwohl das „Überstunden“ nach Schulschluss für die Jugendlichen bedeutet. Dass die Aktion in ihre Freizeit falle, daran haben Guili Renzino, Nele Braasch und Leonie Sophie Schläfer von der Schülervertretung keinen Gedanken verschwendet. „Wir finden die Idee gut, waren sofort dabei“, erzählt die 16-jährige Guili. Schließlich hätten viele ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen häufig kaum noch jemanden, der sie besucht. „Sie werden oft vergessen“, sagt die 14-jährige Nele. Daher sei es sicherlich schön für die Senioren, wenn sie eine solche Aktion miterleben könnten, ergänzt Guili: „Es ist wie ein kleines Weihnachtsgeschenk für sie.“ Doch im Aufenthaltsraum der Einrichtung angekommen, weicht die anfängliche Euphorie erst einmal. Dort treffen schüchterne Jugendliche auf schüchterne Senioren. Und es gibt schlechte Nachrichten: Wegen der klirrenden Kälte an diesem Nachmittag müssen alle Spaziergänge ausfallen. Für einen Moment herrscht betretenes Schweigen. Ein Eisbrecher muss her. Harald Scheve springt ein: „Wer möchte Mensch-ärgere-dich-nicht spielen?“ Sofort meldet sich eine Bewohnerin freudestrahlend. Zwei weitere Damen und Schülerinnen schließen sich an. Es dauert nicht lange, schon wird im Team gewürfelt, werden Figuren gerückt und es wird über den einen oder anderen Rauswurf gelacht. In einer anderen Ecke übt Lukas (13) mit einem älteren Mann Sprichwörter. „Man soll den Tag …“, liest Lukas vor. „Nicht vor dem Abend loben“, vervollständigt sein Gegenüber eifrig und fügt hinzu: „Da ist viel Wahres dran, an den Sprichwörtern.“ Der Jugendliche ist beeindruckt. „Ich kenne nur ein paar davon.“ Ein anderes Grüppchen hingegen bestaunt die Fingernägel von Melike und Jona. „Hatten Sie früher auch so lange Fingernägel?“, will Schulleiter Scheve von seiner 88-jährigen Sitznachbarin wissen. „Ach, woher!“, winkt sie ab. Als junges Mädchen habe sie viel mit den Händen gearbeitet, die Nägel waren daher kurz. „Und was war in Ihrer Jugend modern?“, will Scheve wissen. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Minirock! Den hatte ich oft an!“ Während es in den Aufenthaltsräumen bei den Spielen lebhaft zugeht, haben sich die Schülerin Anna und eine Bewohnerin auf dem Flur ein ruhiges Plätzchen gesucht. „Bleib bei mir, mein Liebes. Ich mag’s auch nicht so trubelig“, sagt die Bewohnerin. Dennoch freue sie sich über den jugendlichen Besuch. „Ist doch toll, ich war früher auch immer mittendrin.“ Kurz vor dem Ende des Besuchs nutzt eine Bewohnerin ihre Chance auf ein Ständchen. Es ist ihr Geburtstag. Mittlerweile sind die Hemmungen verflogen. Lautstark schmettert die Truppe ein Lied. Lio, der den Umgang mit den Fremden zunächst „befremdlich“ empfand, ist jetzt sogar für eine Wiederholung: „Weil man sieht, wie glücklich es sie macht.“
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